Talek, Kenia

Im Mai 2010 erhielt IngOG+ die erste Anfrage zur ingenieurtechnischen Unterstützung bei der Planung und Realisierung einer Fussgängerbrücke in Talek, Kenia. Kurzentschlossen haben wir zugesagt, geplant und vor Ort erfolgreich realisiert.

Ausgangslage

Der Molibany River in Talek, wenige hun- dert Meter vom Eingang zur Maasai Mara National Reserve entfernt, ist ein stark saisonaler Flusslauf, der nach ergiebigen Regenfällen für Tage unpassierbar wird. Für die angrenzenden Communities, an  die 1500 Maasais, ist damit der Zugang zum Dorf Talek und die sich dort befin- denden Schule, Gesundheitszentrum und zahlreiche Kleinläden versperrt. Die Ort- schaft Talek ist für die Versorgung der Bevölkerung im Umkreis von ca. 50 km überlebensnotwendig.

Besonders betroffen war bisher die Mpuai-Community, die nördlich des Molibany siedelt. Vertreter der Community sind an die Partnerorganisation von IngOG+, Econosphere Projekts (Switzerland), herangetreten, mit der Bitte die Bevölkerung bei der Lösung der Situation zu unterstützen. Im Mai 2010 erreichte IngOG+ die Anfrage zur ingenieurtechnischen Unterstützung bei der Planung und Realisierung einer Fussgängerbrücke über den Molibany River. Durch dargelegte Notwendigkeit des Projekts war der Unterstützungswille bei IngOG+ gross und die Zusage erfolgte im Juni 2010.

Schnell hat sich ein Team gefunden. Lukas Lanz, Matthias Ludin und Sandra Vecchi, übernahmen die Projektierung und während eines 3.5 wöchigen Aufenthalts in Kenia im September 2010 die Verantwortung für den Bau der Fussgängerbrücke vor Ort.

Planung und Realisierung

Die Brücke sollte als Holzkonstruktion aus- geführt werden und eine Mindestspann- weite von 10m haben. Über die durch Econosphere Projects bestehenden Kontakte in Talek wurde versucht, während der Planung mehr Information über not- wendige Spannweite, Bodenbeschaffen- heit und vorhandene Materialien zu er- halten. Die Kommunikation war durch die Distanz und die Schwierigkeit der inter- kulturellen Differenzen schwierig und ergab kaum brauchbare Erkenntnisse. Deshalb wurde versucht, die Tragkonstruktion so zu planen, dass sie vor Ort möglichst einfach den lokalen Gegebenheiten angepasst werden konnte.

Unterwegs waren wir vom 02.09. – 26.09.2010. In den zwei ersten Tagen in Nairobi wurde das erforderliche Holz, die Fahrzeuge wie auch weitere Verbindungsmittel und Arbeitswerkzeuge organisiert. Für den Transport des Holzes ins mehrere Stunden von Nairobi entfernte Projektgebiet wurde ein LKW gemietet.

Am 5. September 2010, wurde der Flussstandort besucht, der Flussquerschnitt vermessen, die Lage der Widerlager bestimmt sowie die Brücken- und Referenzachsen abgesteckt. Unser Team wurde vor Ort während der ganzen Bauzeit durch drei tat- kräftige Maasais der Community unterstützt.

Der Aushub war binnen zwei Tagen abgeschlossen. Die zwei kleinen Baugruben hatten eine Abmessung von ca. h x b x l = 1.5m x 1.2m x 1.2m. Für die Widerlager wurde jeweils ein Korb mit Bewehrungs- eisen und Maschendrahtzaun gefertigt, welcher in die Baugrube gestellt und mit Natursteinen und Mörtel ausgefüllt wurde. Die Natursteine wurden auf einem Grund- stück in der Nähe des Brückenstandortes gesammelt und mit dem Pickup zur Bau- stelle gefahren. Bausand, Zement und Armierungsstahl wurde bei lokalen Händlern in Talek gekauft. Der Mörtel wurde vor Ort von Hand gemischt.

Um den Kern des Widerlagers wurde ein etwa 20cm breites Sicht- und Schutzmauer- werk erstellt. Dies wurde bis zur Oberkante der als Brückenauflager dienenden Betonplatte (b x h x l = 1.2m x 0.4m x 1.0m) gezogen und diente somit gleich als deren Schalung. In den Bewehrungskorb wurden vier Gewindestangen für die Trägerfixierung eingemessen und die Auflagerplatte betoniert.

Während die Fertigstellung des zweiten Widerlagers, auf der Dorf zugewandten Seite fortschritt, wurde auf der gegenüberliegenden Seite mit dem Aufbau der Böschungssicherung begonnen. Die aus Natursteinen bestehende Böschungssicherung wurde als selbststehende Wand in Laschen aus Maschendrahtzaun ausgebildet. Die Erstellung der Widerlager inklusive fast der gesamten Böschungssicherung war am 17.09.2010 beendet.

Während der Arbeiten an den Widerlagern und der Böschungssicherung wurde beim Base Camp von Econosphere Projects mit den Arbeiten an den Brückenträgern be- gonnen. Die Träger sollten dort zuge- schnitten und vorgebort werden, um auf der Baustelle einfach zusammengesetzt zu werden. Am 19.09.2010 wurden die zwei Brückenträger unter Mithilfe von zahlreichen Freiwilligen aus der Community auf die Widerlager gesetzt. Die Träger wurden dann vorübergehend mit Distanzhölzern und zwei kreuzweise gespannten Spannsets stabilisiert.

Wegen Regen mussten die Arbeiten am folgenden Tag schon kurz nach Mittag abgebrochen werden. Als der Regen nach ein paar Stunden nachliess, wir wegen überfluteten Strasse nicht nach Hause konnten und deswegen die Brücke besichtigten, kamen wir aus dem Staunen nicht heraus. Der Fluss war bis kurz unter die Uferkante geflutet und eine grössere Gruppe Maasais versuchte bereits die Brücke, welche noch immer ohne Gehbelag war, teils inklusive Fahrrad zu überqueren. Kurz vor dem Verlassen der Baustelle stand das Wasser bis um beide Widerlager und etwa 30cm unter dem Brückenträger. Am nächsten Morgen war bis auf ein grösseres Rinnsal die gesamte Wassermasse wieder verschwunden. Erfreulicherweise waren am Morgen danach sowohl die beiden Widerlager wie auch die Böschungssicherung in einwandfreiem Zustand.

In den nächsten Tagen beschäftigten wir uns mit den Detailarbeiten, Anbringen des Gehbelags, der Handläufe und dem Fertigstellen der Böschungssicherung. Nachdem noch die Namen von uns und unseren Helfern in einen Balken geritzt und die beteiligten Organisationen auf einem Schild erwähnt waren, konnten am 22.09.2010 die Ältesten der Mpuai-Community mit der Einweihung der Brücke beginnen. Nach einigen Reden wurde die Brücke mit Fanta besprüht und von allen Vertretern feierlich überschritten. Damit wurde die Brücke stolz der Community übergeben.

Kosten und Finanzierung

Budgetiert waren CHF 300.- bis CHF 400.- pro Brückenlaufmeter. Die Gesamtkosten lagen am Ende bei CHF 5’145.-. Davon wurden CHF 2’912.- für das Material der Konstruktion und die Löhne verwendet und CHF 2’233.- für die Miete und den Treibstoff des Projektfahrzeugs.

Das Projekt wurde mehr als vollumfänglich durch eine Spende der Gruner AG, Basel, finanziert. Der verbleibende Betrag wird für die Folgeprojekte verwendet.

Fortsetzung folgt

Abschliessend haben wir drei weitere Standorte besichtigt an welchen ebenfalls dringend Fussgängerbrücken benötigt werden. Wir haben die Standorte genauer vermessen und fotografisch dokumentiert. Die betreffenden Flussläufe sind wie der Molibany saisonal und nach Regenfällen unpassierbar. Die Spannweiten reichen von 12 m bis 17 m.

Die zweite Brücke wird bereits nächstes Jahr von Matthias Ludin in Form einer Bachelorarbeit geplant und eventuell sogar auch schon nächstes Jahr realisiert. Wir sind gespannt auf die Entwicklung des Projekts.

An dieser Stelle bedankt sich IngOG+ ganz herzlich bei

Auch unserem Partner Econosphere Projects Switzerland und den vielen weiteren Personen, die uns während der Planung und Ausführung der Fussgängerbrücke tatkräftig unterstützt haben, danken wir an dieser Stelle ganz herzlich.